Die Anders Macher
Der Anfang einer Reise nach Tibet
Meine Mutter schenkte mir zum 5. Geburtstag das Buch, „Die Kinder aus Tibet“. Ich verliebte mich in die Bilder und Geschichten in diesem Buch. Meine Mutter meinte auf die Frage, ob ich die Kinder in dem Buch mal besuchen kann, mit einem strikten nein. Sie erklärte mir, „das ist viel zu weit weg“. Ich gab mich mit der Antwort nicht zufrieden und fragte meinen Vater, ob er mich begleiten könnte. „Oh, das ist auf der anderen Seite der Welt“, meinte er und „das sei zu weit“.
Ich wollte unbedingt meine Freunde aus dem Buch sehen. Ich fragte meinen Opa und er zeigte mit Tibet auf seiner Weltkugel. Diese stand in seinem Büro auf dem Schreibtisch. Ich dachte mir dabei, das kann ja nicht so weit sein, wenn der Opa die Kugel nur ein wenig dreht und dann auf Tibet deutet.
Und außerdem, die Berge, die sich vor unserer Haustüre auftürmten, schauen den Bergen im Buch sehr ähnlich. Also kann Tibet nicht weit sein. Was auch immer das Wort bedeutet, ich wollte sie besuchen. Mit dem Wort Tibet konnte ich nichts anfangen.
An einem Sonntag im Sommer wachte ich sehr bald auf. Ich sah mein Buch und dachte an die Kinder und Tibet. Der Entschluss die Kinder zu besuchen war geboren. Ich holte meinen Rucksack, ging in die Küche, nahm eine Knacker, ein Stück Käse, ein Brot und eine Flasche mit Wasser mit. Ich fand eine Schokolade und packte sie als Geschenk für die Kinder dazu. Das Buch nahm ich ebenfalls mit, um es den Kindern zu zeigen. Der Rucksack quoll fast über.
Es war ein herrlicher Morgen, frisch und kühl. Die Dämmerung verzog sich und ich marschierte los, in Richtung der großen Berge. Ich ging etwa einen Kilometer und kam zu einer großen Straßenkreuzung. Ich konnte mich nicht entscheiden, welchen Weg ich nehmen sollte. Ich setzte mich auf eine niedrige Mauer und nahm das Buch heraus. Vielleicht finde ich einen Hinweis im Buch.
Die Polizei fuhr vorbei. Die beiden Polizisten blieben stehen. Sie fragten mich, was ich da mache. In mir stieg eine leichte Angst auf. Die beiden Männer schauten mich streng an. Ich nahm meinen Mut zusammen und sagte zu ihnen, dass ich auf dem Weg nach Tibet bin, zu den Kindern und zeigte ihnen mein Buch. Sie schauten das Buch interessiert an.
Schließlich fragten sie mich, wo ich wohne. Sie nahmen meine Idee sehr ernst. Sie erklärten mir, dass ich ein Flugzeug brauche und viel Geld, um nach Tibet zu kommen. Sie brachten mich die drei Straßen zurück nach Hause. Die Polizisten redeten lange mit meinen Eltern. Mein Vater erklärte mir noch einmal ausführlich, dass Tibet zu weit entfernt liegt. In den nächsten Tagen fuhr er mit mir zu den Bergen, die ich für Tibet hielt. Ich merkte, dass an meiner Idee etwas nicht stimmte.
Mein Wunsch nach Tibet zu reisen, blieb die Jahre über bestehen. Ich arbeitete jeden Sommer als Ferialpraktikant, um mir Geld für eine Tibet Reise zusammenzusparen.
Im Sommer 1978 befand sich genug Geld auf meinem Sparkonto. Ich schloss mich einer Reisegruppe an, die von Nepal über Zhangmu, Tingri, Shigatse nach Lhasa reiste. Wir schliefen im Zelt ohne jeden Komfort. Ich sah viele Kinder und spielte mit ihnen. Als Erwachsene freute ich mich über die Möglichkeit mit den tibetischen Kindern zu spielen. Mein großer Kindheitstraum ging in Erfüllung.
Im Laufe der Jahre reiste ich noch einige Male nach Tibet, um die Kultur, den Buddhismus und vor allem die Medizin der Tibeter kennen zu lernen.